'Celtic Fields' – Stiefkinder der Archäologie
Spuren urgeschichtlicher Beackerung in West-, Mittel-, Ost- und Nordeuropa
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Durch immer bessere, teilweise öffentlich einsehbare Laserdaten erschließen sich immer mehr urgeschichtliche 'Celtic Fields' (sensu lato) in Nord- Mittel- und Osteuropa: kleine abgegrenzte und unter günstigen Bedingungen immer noch erkennbare, tendenziell rechteckige Felder, die dicht an dicht liegen und zusammenhängende Systeme bilden. Man erkennt sie durch ihre Begrenzungen: schwache Wälle oder, in Hanglagen, Terrassenbildungen. Bekannt sind allein in Schleswig-Holstein und Dänemark über 1000 Systeme vor allem in Wäldern und auch in noch bestehenden oder aufgeforsteten Heiden, wovon über 50 immer noch mehr als einem Quadratkilometer bedecken – markante Territorien, deren äußere Grenzen einer Dynamik unterlagen und so oft unklar bleiben. In ihrem Verbreitungsgebiet sind sie die bei weitem flächengrößten urgeschichtlichen Bodendenkmale. Andererseits zeichnen sich mancherorts Systemgrößen ab, die wohl nur von einer einzigen Hofstelle bewirtschaftet wurden. Intensive Suche dort, wo Laserdaten einsehbar oder zugänglich waren, führte zur Auffindung von 'Celtic Fields' in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern, außerdem im Tschechien und vor allem in Polen, wo auch die größten zusammenhängende Fläche nördlich von Białystok mit ca. 20 qkm liegen. Aber auch östlich von Hamburg, Rostock und Berlin sowie südlich von München und von Frankfurt gibt es riesige Flächen mit 'Celtic Fields'. Zur Terminologie

'Celtic Fields' im Gehege Außelbek bei Ülsby in Angeln. Daten © LVermGeo SH / 'Celtic Fields' in Europa (Karte nach Arnoldussen 2018, rote Punkte: Ergänzungen Arnold/Banasiak/Berezowski)

Vor allem auf sandigen Böden scheint mindestens ein Teil der Parzellengrenzen zunächst als schmale Wälle angelegt worden zu sein. Offenbar führte die langjährige Beackerung der Parzellen von sich aus zu einer Aufhöhung und oft auch wachsenden Verbreiterung der Parzellenränder, kombiniert mit einem zunehmend wannenförmigen Querschnitt der Parzellen. Eine Untersuchung eines schwach ausgeprägten Parzellen-Randwalls ergab im Riesewohld in Dithmarschen eine Nutzungsdauer von etwa 600 Jahren von der jüngeren Bronzezeit bis in die vorrömische Eisenzeit; Datierungen in anderen Systemen deuten teilweise eine ähnliche oder noch längere Nutzungsdauer an. Regelhaft findet sich in der durchpflügten Erde der Parzellenränder Reste von Düngerauftrag in Form von stark zerkleinerten Hausabfällen.

Links: sog. Pflüger von Arezzo, etruskische Bronzefigurine der Mitte des 1. Jahrt. v. Chr. (Holzstich, 19. Jh.) – Rechts: Ardformen aus dänischen Mooren in Himmerland (oben Døstrup, unten Vebbestrup) nach Viggo Nielsen / Glob

Die große Typenvielfalt der beobachteten Systeme ist stark von Bodentyp und -relief abhängig und unterscheidet sich demzufolge vor allem in Alt- und Jungmoränenlandschaften, im Fachland und Bergland. Insgesamt scheint sich im Norden eine zeitliche Abfolge von mehr oder weniger quadratischen Parzellen hin zu langrechteckigen Parzellen abzuzeichnen. Während bei ersteren ein kreuzweises Pflügen mit dem Ard (Hakenpflug) gelegentlich nachzuweisen war, dürften extrem lange Parzellen nur noch in eine Richtung, möglicherweise mit einem Schollen wendenden Streichbrettpflug, bearbeitet worden sein. Bei manchen dänischen Systemen scheinen Wölbbeete mittelalterlichen Typs unter Berücksichtigung von Celtic-Fields-Parzellengrenzen angelegt worden zu sein, was eine Teilkontinuität über die "dunklen Jahrhunderte" nach der Völkerwanderung andeutet. In Teilen Mitteldeutschlands, Bayerns und Hessens und vor allem in Polen (außer dessen Nordosten) gibt es vielfach einen sogenannten Typ Przemęt mit sehr großen übergeordneten Parzellen, die (sekundär?) in untergeordnete kleinere Parzellen aufgeteilt sind.

In Hanglagen gehen die Parzellen in Terrassen über. Ostenberg, Stemweder Berge, nordöstliches Westfalen (mit Schnitt). Daten: Land NRW 2017

Weitgehend unklar bleibt, welche Parzellen wie oft und in welchem Umfang brach fielen bzw. von Vieh beweidet wurden. Auf die Art der Parzellenausformung dürfte jedenfalls die Beackerung einen ungleich größeren Einfluss gehabt haben als eine Beweidung. Ein weiteres großes Aufgabenfeld ist die Datierung der Systeme und ihrer Nutzungsdauer. Nach den ersten, im Anzahl und Qualität sicher unzureichenden Daten kann nicht ausgeschlossen werden, dass frühe Celtic Fields bereits in der älteren Bronzezeit angelegt wurden, auch wenn in den gleichzeitigen Häusern noch keine Stallteile nachweisbar sind. Sicher dagegen erscheinen sie in der jüngeren Bronzezeit ab ca. 1000 v. Chr. Mit Beginn der winterlichen Stallhaltung des Viehs, die sich offenbar im Gefolge einer Klimaverschlechterung durchsetzte und in veränderten Hausgrundrissen widerspiegelt, scheint im Norden so erstmals ein über Jahrhunderte ortsfester Ackerbau möglich geworden zu sein, der vorherigen Wanderfeldbau ersetzt haben dürfte. Die Stallhaltung führte zur Akkumulation von Streu und Dünger, die dann, zusammen mit Erdmaterial vor allem aus Niederungen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit aufgebracht wurden. Das alles ist den agrarischen Umwälzungen am Beginn des Neolithikums durchaus ebenbürtig. Ob dies auch für die Systeme südlich der Mittelgebirge und in Polen gilt, sollte erforscht werden.


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